
Pestizide: EU verlängert Zulassungen ohne Risikoprüfung
16.06.2025
In Deutschland und der EU werden Pestizide eingesetzt, deren Zulassung bereits abgelaufen ist. Wie das Umweltinstitut München berichtet, waren 88 Prozent der in Deutschland verkauften Pflanzenschutzmittel im Jahr 2023 ohne aktuelle Risikoprüfung. EU-weit waren es im Jahr 2024 rund 70 Prozent. Dabei handelt es sich um sogenannte „technische Verlängerungen“.
Normalerweise müssen die Herstellerfirmen einen Antrag stellen, um das Pestizid weiterverkaufen zu können. Die EU-Behörden sollen dann auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse die Risiken innerhalb von drei Jahren neu bewerten.
Wenn die EU-Zulassungsbehörden eine neue Risikobewertung nicht fristgerecht abschließen können, greift die sogenannte „technische Verlängerung“. Was ursprünglich als Ausnahme gedacht war, ist inzwischen zur Regel geworden, kritisiert das Umweltinstitut.
Provisorische Genehmigung
Durch diese Praxis dürfen Pestizide, die unsere Gesundheit oder die Umwelt gefährden, weiterhin ausgebracht werden, obwohl ihre offizielle Zulassung bereits abgelaufen ist.
Durch diese Praxis dürfen Pestizide, die unsere Gesundheit oder die Umwelt gefährden, weiterhin ausgebracht werden, obwohl ihre offizielle Zulassung bereits abgelaufen ist.
Die Liste der zugelassenen Stoffe reicht von „Kann vermutlich das Kind im Mutterleib schädigen“ (Cycloxydim) über „Kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen“ (Dimethomorph) bis zu „Kann vermutlich Krebs erzeugen“ (Captan, Folpet, Metazachlor, Proquinazid).
Alternative Wirkstoffe gefragt
Aufgrund ihrer Gefährlichkeit stehen einige dieser Wirkstoffe sogar offiziell auf der Liste der sogenannten Substitionskandidaten. Das bedeutet, dass sie durch andere ungefährlichere Wirkstoffe ersetzt werden müssten , was jedoch nicht geschehen ist.
Derzeit sind über 50 in der EU zugelassene Pestizidwirkstoffe als Substitutionskandidaten eingestuft. Allerdings wurde das Ziel, diese umweltschädlichen Wirkstoffe zu ersetzen, bisher nicht erreicht.
Zulassungsverfahren reformieren
Das Umweltinstitut schlägt folgende Reformen vor:
- Um das Vertrauen in die Pestizidzulassung wiederherzustellen, ist eine konsequente Neuausrichtung des Verfahrens notwendig.
- Der gesetzlich vorgeschriebene Bewertungszeitraum von drei Jahren muss verbindlich sein.
- Technische Verlängerungen dürfen nur in einem eng begrenzten und transparenten Rahmen genutzt werden.
- Das Recht der Hersteller auf eine unbegrenzte Weiterzulassung eines Wirkstoffs muss gesetzlich ausgeschlossen werden.
- Gleichzeitig müssen die Behörden personell und finanziell gestärkt und die Bewertungsverfahren so reformiert werden, dass Risiken besser erkannt und berücksichtigt werden.
- Langfristig ist ein schrittweiser, EU-weit koordinierter Ausstieg aus den chemisch-synthetischen Pestiziden unerlässlich.
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